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Mitteilungsblatt Nordheim

Neues aus Nordheim und Nordhausen

Wurzeln schlagen in Nordheim - Lebensgeschichten

Erfasst von: Redaktion, JJ | 16.04.2024

OpenClipart-Vectors; Pixabay
OpenClipart-Vectors; Pixabay

Im Rahmen der örtlichen Integrationsarbeit von Kirchen und Gemeinde werden unter dieser Überschrift persönliche Geschichten von Menschen veröffentlicht.

Von Menschen – ob als Einzelpersonen oder Familien – welche im Lauf ihres Lebens nach Nordheim gekommen sind und hier eine neue Heimat gefunden haben. Hiermit erhält der Leser / die Leserin hautnah Einblicke in das uns oft Fremde, werden Blickwinkel erweitert und das Miteinander gestärkt.

Herzlichen Dank auch einem Team des Asylkreises Nordheim-Nordhausen für die Interviews und redaktionelle Arbeit für diese Serie.

Familiengeschichte 1 - erzählt von Vanessa (7 Jahre alt)

Ich bin Vanessa, die jüngste Tochter unserer Familie. Wir sind Kurden.

Mein Vater, Salman, und meine Mutter, Shahrizad, haben ihre Heimat in Al-Hasaka, Syrien, verlassen, um vor dem Krieg zu fliehen. Gemeinsam mit meiner großen Schwester Evelina flohen sie zunächst in die Türkei. Dort war es sehr anstrengend für sie, meine Schwester Evelina konnte nicht zur Schule gehen und mein Vater keine richtige Arbeit finden. Nach zwei Jahren machten sie sich dann auf den beschwerlichen Weg nach Deutschland, zunächst mein Vater und kurze Zeit danach meine Mutter und meine Schwester Evelina.

Ich wurde in Deutschland geboren, auch meine Schwester Jin. Sie war schon im Bauch unserer Mutter, als diese 2015 nach Deutschland kam. Die Reise war alles andere als einfach. Mama war schwanger und sie mussten meist zu Fuß von der Türkei über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich reisen.

Heute leben wir in Nordheim, in einer gemieteten Wohnung. Unsere erste Wohnung war allerdings ein Container, jetzt ist es sehr viel schöner!

Meine Schwester Jin, sie ist 8 Jahre alt, liebt die Schule, besonders Mathe. Sie mag den Garten im Wurzeln-Schlagen-Haus am Bahnhof ganz besonders. Ich liebe die Eisdiele und den Spielplatz in Nordheim, und im Sommer das Freibad. Ich habe schon viel ausprobiert, sogar Karate und Ballett, aber mein Herz schlägt für etwas anderes – ich träume davon, Kinderärztin zu werden.

Jin hat eine andere Leidenschaft: Pferde. Sie möchte reiten, vielleicht sogar einen eigenen Pferdehof besitzen. Unsere Omas Lorle, Elvira und Monika sind wichtige Menschen für uns. Gemeinsam mit Oma Lorle gehen wir gerne in die Bibliothek, dort gibt es tolle Bücher. Jins allerbeste Freundin ist Maja, während ich viele Freunde habe. Nur die 4. Klässler ärgern mich manchmal, aber ich lasse mich nicht unterkriegen.

Meine Schwester Evelina (19 Jahre) kam mit zehn Jahren nach Deutschland und hat in Nordhausen – da haben wir zunächst gelebt, bevor wir nach Nordheim kamen – die Grundschule besucht. Mittlerweile hat sie die mittlere Reife abgeschlossen und macht eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten (MFA). Am Anfang mochte Evelina das deutsche Essen nicht. Aber meine Mama ist ein Superstar im Umwandeln der Rezepte gewesen. Heute mag sie alles, oder fast alles. Sie hat in Deutschland viele Freunde aber nur eine deutsche Freundin. Nordheim gefällt ihr und Heilbronn ist nicht weit, man kann schöne Ausflüge machen. Evelinas Ziele sind es, ihre Ausbildung zu beenden, ihren Führerschein zu machen und der Familie zu helfen.

Meine Eltern sind Salman und Shahrizad. Salman ist 46 Jahre alt, Shahrizad 39 Jahre. Salman ist Elektriker von Beruf. Als wir nach Deutschland kamen, musste er seine Prüfung zum Elektriker hier noch einmal ablegen. Das war nicht einfach, aber er war entschlossen, es zu schaffen. Seit 2019 arbeitet er bei der Firma Haug Elektrotechnik GmbH. Herr Haug hat ihn sehr unterstützt, seine Arbeit und sein Beruf machen ihm viel Spaß. Er baut Solaranlagen auf die Dächer von Nordheim und ist ein sehr gefragter Mann.

Bevor Salman Elektriker wurde, hatte er verschiedene Jobs und absolvierte seinen Deutsch-Sprachkurs. Er hat sich bemüht, die Sprache zu lernen und sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Dabei hat er Freunde gefunden, sowohl im Wurzeln- Schlagen-Haus als auch in der Gemeinde. Elvira P., Peter und Lorle R. und Christoph S. haben ihm besonders geholfen und sind zu lieben Freunden für ihn geworden.

Mein Papa fühlt sich in Nordheim angekommen und möchte mit uns allen hierbleiben. Meine Mama wünscht sich einmal wieder ihre Familie in Syrien zu sehen. Sie kümmert sich sehr um mich und meine Schwestern, was nicht immer so leicht ist! Wegen Corona und wegen Krankheit sind ihre Sprachkurse lange ausgefallen, nun will sie sie wieder aufnehmen.

Nordheim ist für uns ein schöner Ort, wir fühlen uns sehr wohl hier. Und vielleicht, ganz vielleicht, wird der Weihnachtsmann eines Tages auch zu uns kommen und mir und allen in meiner Familie viel Freude und viele Geschenke bringen.

Eure Vanessa

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