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Mitteilungsblatt Nordheim

Neues aus Nordheim und Nordhausen (Archiv)

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Neue Ausstellung in der Nordheimer Scheune vom 16. Oktober – 27. November 2021

Erfasst von: Redaktion, DS | 30.09.2021 – 14.10.2021

Sarah Schrimpf: BRÛLE POUR POINT. Fotografien

Gestreckte Eröffnung: Samstag, 16. Oktober 2021, 15 – 20 Uhr

Von 15 –18 Uhr haben Besucher die Möglichkeit, persönlich mit der Künstlerin zu sprechen; um 18 Uhr findet die Einführung mit Helmut A. Müller statt. 

Aus organisatorischen Gründen wird um schriftliche Anmeldung zur Eröffnung und zum Besuch der Ausstellung per E-Mail ham@helmut-a-mueller.de oder per Telefon 07133 9004900 mit Angabe des präferierten Zeitfensters gebeten. Die Teilnahme erfolgt unter Einhaltung der aktuellen Corona-Verordnung.

 

Bild Ausstellung Nordheimer Scheune

Sarah Schrimpf, 2019/2020, Fotografie aus der 18-teiligen Serie „Nicht Mit Ihr!“

 

›À brûle pour-point‹ steht im Französischen heute für ›plötzlich‹, ›ohne Vorwarnung‹, aber auch für geradeheraus‹ und ›ohne Umschweife‹. Im Mittelalter trugen Männer im Krieg eine gesteppte Jacke („pourpoint"), die sie vom Hals bis unter den Gürtel bedeckte. Schoss man aus nächster Nähe mit Schwarzpulver auf den Feind, verbrannte sein Wams. Moderne Waffen kennen kein Schwarzpulver mehr, aber die Redewendung hat sich gehalten. Wenn man jemand treffen will, muss man ihn überraschen. Der Mitbegründer des Kölner Kunstmarktes Hans-Jürgen Müller (1936 – 2009) hat in seinem Bestseller ›Kunst kommt nicht von Können‹ damit überrascht, dass er ohne Umschweife zugab, dass auch er der Meinung gewesen war, dass Kunst von Können komme. Aber er habe dann sehr schnell begriffen, dass Kunstmachen etwas mit Erfindung zu tun haben müsse.

Michael Hofstetter, einer der Lehrer von Sarah Schrimpf in ihrer Zeit an der Akademie der Bildenden Künste München, variiert die Frage und führt wie folgt in ihre Arbeit ein. „Kommt Kunst von Können oder von Wollen? Ist sie die bravouröse Beherrschung einer Technik oder die Apotheose eines Begehrens? Eines Begehrens, das die Künstlerin bzw. der Künstler für uns alle stellvertretend in ein Bild gebannt hat?

In Sarah Schrimpfs Werk ›Nicht Mit Ihr‹ sehen wir den umgekehrten Vorgang. Hier tastet sich die Autorin zurück von einem objektiven Können zu ihrem subjektiven Wollen. Zu ihren Erinnerungen und Sehnsüchten. Dieses Zurücktasten heißt die Kluft und die Diskrepanz zwischen sich und der Welt zu durchmessen und dabei exemplarisch auszuprobieren, was es heißt ohne die Haltestange der technischen Meisterschaft zu existieren. Wir haben uns alle verrannt ins technische Absichern. Alles ist zur Technik geworden. Mit unserem technischen Können haben wir alles bewältigt. Auch die Natur. Dieses Können hat sich – wie wir heute sehen – gegen uns gerichtet. Das Natürliche ist zum Ding geworden und ins kalte Objektive entglitten.

›Nicht Mit Ihr‹ macht sich auf die Suche zurück zum ursprünglichen Begehren der Autorin, weg von dem falschen Versprechen technischer Könnerschaft. Es ist so etwas wie ein Reenactment ihres entglittenen ursprünglichen Wollens. 18 Fotografien zeigen nachgestellte und nachgebaute Stills eines Films von Sarah Schrimpf aus dem Jahre 2019 über die Liebe. Die Liebe wurde unter der Perfektion und der filmischen Könnerschaft der Künstlerin begraben. Quasi in einem archäologischen Akt legt Schrimpf ihren eigenen Film mit Hilfe der Fotografie frei und befreit ihn von seiner technischen Kälte. In diesem Medienwechsel entkommt paradoxerweise die Autorin nicht dem blinden Zusammenhang von Wollen und Können. (In der Fotografie feiert sich immer schon das Können als das ultimative Wollen.) Aber sie vollzieht ihn hier nicht, sondern zeigt ihn. (Michael Hofstetter 2021)

Biografie

Sarah Schrimpf wurde in Schwäbisch Hall geboren. Sie studierte bei Prof. Dieter Rehm und Michael Hofstetter an der Akademie der Bildenden Künste München freie Kunst – dort zuletzt als Meisterschülerin – und absolvierte einen Master of Research am Royal College of Art in London. Außerdem belegte sie Auslandssemester an der Ecole nationale supérieure Louis-Lumière in Paris, der Akademie der Bildenden Künste „Jan Matejko“ in Krakau, der ESADMM Marseille und der Filmhochschule in Lodz. 2017 war sie auf der Shortlist der Sony World Photography Awards und erhielt den Sony Student Grant.

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