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Mitteilungsblatt Nordheim

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Geschichte des Monats Dezember 2019

Erfasst von: Redaktion, DS | 05.12.2019 – 12.12.2019

„Wintererinnerungen…“
Es war einmal vor vielen Jahren, da lag im Winter in Nordheim noch tagelang Schnee, auf dem zugefrorenen Neckar konnte man Schlittschuh laufen und aus den Eisplatten der gefrorenen Pfützen machten die Kinder eine Schleifbahn…
Schnee auf der Straße gibt es ab und zu im Winter immer noch, er bleibt aber meist nicht lange liegen. Einen zugefrorenen Neckar bei Nordheim gibt es schon lange nicht mehr. Das Kohlekraftwerk in Walheim (1964 und 1967) und vor allem das Kernkraftwerk in Neckarwestheim (ab 1976) führen dem Fluss so viel Abwärme zu, dass sein Wasser nicht mehr unter den Gefrierpunkt kommt. Anfang der 50er und in den 60er Jahren war der Altarm des Neckars zwischen dem Lauffener Wehr und dem Klingenberger Steg häufig zugefroren. Für Junge und Alte eine willkommene Gelegenheit zum Schlittschuhlaufen oder zum Eishockeyspielen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Ausrüstung dafür war einfachster Art, als Schläger dienten selbstgefertigte „Hockeybriegel“ aus Ästen. Gab das Eis einmal nach und man holte sich nasse Kleider, ging man in den beheizten Wartesaal im Bahnhof oder zu „Oma Schiek“ in die Bahnhofswirtschaft zum Aufwärmen und zum Trocknen der Kleider.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für die Schlittenfahrer gab es viele kleine und große Hänge und Abfahrten, meist nutzte man die Bahnen in der Nähe wo man wohnte. Im Unterdorf war der Hang am Rotenberg, der Göhrnrain oder der „Weihenbuckel“ (Bergstraße) beliebt, aber auch das kleine „Mühlbückele“ neben der Bäckerei Haberstroh (heute Bäckerei Hofmann) war für kurze Fahrten geeignet, obwohl dort die Gefahr bestand, in den kleinen Bach zu fahren. Die Kinder in der Ortsmitte nutzten als Schlittenbahn die „Klemmerte“, die „Hostert“, den „Boxrain“, die Brenngasse oder die „Hausener Hohle“. Für das Oberdorf gab es Gelegenheit in der Schafhohle oder in der Wilhelmstraße.
Zum Skifahren gab es in Nordheim kaum Möglichkeiten. Meist fehlte es hier aber auch an der Ausrüstung. Da man bei uns früher Winterurlaub kaum kannte, gab es auch keine Skiausrüstung - Schlitten und Schlittschuhe waren eher vorhanden Die Skier waren oft selbstgebaute Bretter, meist aus Fassdauben (gebogene Bretter aus Eichenholz zur Herstellung von Fässern) mit einfachen Lederriemen und Eisenbeschlägen zur Befestigung der Schuhe als Bindungsersatz. Als Skistöcke dienten Haselstecken, eventuell mit einem abgezwickten Nagel für die Spitze. Im besonders schneereichen Winter 1988 gab es ausnahmsweise auf Nordheimer Markung gespurte Loipen: Herr Zimmermann vom hiesigen Bauhof hatte mit einem selbst konstruierten Spurgerät auf Feld- und Weinbergwegen Langlaufspuren angelegt, sodass es eine Hörnle-, eine Heuchelberg- und eine Koppen-Loipe gab. Man kam sich vor wie im Winterurlaub – und das in Nordheim!
Winter bedeutete früher aber nicht nur Spaß und Freude in Schnee und Eis, er brachte auch einige Beschwernisse und Belastungen im Alltag mit sich. Es gab keine Zentralheizung in den Häusern, sondern nur Einzelofenheizung. Im Winter wurde in vielen Häusern nur die große Wohn-Essküche geheizt. Den Ofen im Wohnzimmer feuerte man nur am Sonntag an, und im Schlafzimmer war in der Regel gar kein Ofen. Für etwas Wärme im Bett sorgte dann die Bettflasche, die man mit heißem Wasser aus dem „Schiff“ am Herd füllte. Vor allem in den Dachkammern, die kaum isoliert waren, war es im Winter eiskalt. Oft glänzte und glitzerte am Morgen die Bettdecke, weil sich auf ihrer Oberfläche Eiskristalle von der Atemluft gebildet hatten. An der Fensterscheibe sah man phantasievolle Eisblumen, die aus kondensiertem Wasser an der Innenseite der Fensterscheiben entstanden sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 Schwierigkeiten konnte es auch mit der Wasser- und der Abwasserleitung geben. Befanden sich im Verlauf der Leitungen ungeschützte Stellen im Freien, konnte es passieren, dass aus dem Wasserhahn kein Tropfen Wasser mehr kam weil die Leitung eingefroren war. Dann war die Angst groß, dass die Leitung einen Schaden haben könnte und nach dem Auftauen das Wasser nur so herausspritzte oder in die Gebäudewand hineinlief. Und hat man die Gießkanne aus Blech im Garten nicht rechtzeitig leergemacht und umgekehrt aufgehängt oder ins Haus geholt konnte es sein, dass sie einen dicken Bauch bekam vom Eis in ihrem Inneren und sie wurde undicht. Dann ging man im Frühjahr zum Flaschner und ließ die Kanne reparieren – weggeworfen wurde sie deshalb nicht.

 

 In der Landwirtschaft kehrte über den Winter etwas Ruhe ein. Bis um die 60er Jahre war die letzte Tätigkeit im Weinberg nach der Lese das Herausziehen der Pfähle, die man mit dem Schenkel vorsichtig auf den Boden legte als Schutz vor harten Winterfrösten. Das war viel Arbeit, denn bei der damals üblichen klassischen „Drei-Schenkel-Pfahlerziehung“ hatte jeder Stock

drei Pfähle. Mit der Umstellung auf

Drahtanlagen entfiel diese Arbeit sowie das Pfählen im Frühjahr. Auch der Rückschnitt der Bäume in den Streuobstwiesen war eine Tätigkeit in der Winterzeit, ebenso wie das „Holzmachen“ im Wald, entweder für den Eigenbedarf oder auch im Taglohn im Gemeindewald. Mancher Landwirt arbeitete auch für einige Wochen als Hilfskraft bei einem örtlichen Handwerker als Maurer, Schreiner oder Zimmermann.

In dieser arbeitsärmeren Zeit während der Wintermonate wurde vieles repariert oder vorbereitet für das kommende Arbeitsjahr. Kartoffel- oder Fruchtsäcke wurden geflickt, Weiden geschnitten und zugerichtet („geputzt“), sortiert (Korbweiden, Bindeweiden, Besenweiden) und zu Büscheln gebunden. Das Getreidesaatgut wurde mit der „Putzmühle“ vorbereitet. Im Stall wurden die Wände frisch gekalkt oder man hatte Zeit, den Kühen die Klauen auszuschneiden. Ab 1922 gingen die jungen Bauernsöhne im Winterhalbjahr in die „Winterschule“ nach Lauffen, die später Landwirtschaftsschule genannt wurde. Dort sollten sie ihr Wissen vertiefen und neue Erfahrungen und Erkenntnisse erwerben.

Landwirtschaftsrat Sattler schreibt 1956 dazu:

„Unserer Verantwortung bewusst, wünschen und hoffen wir, dass auch fernerhin viele tüchtige und gute Menschen aus dieser Schule hervorgehen zum Wohle unserer Familien und unserer heimischen Landwirtschaft“.

Für die Autofahrer war in früheren Zeiten der Winter weniger schön. Damals waren noch kaum Streuwagen mit Salz unterwegs, und Schneeräumfahrzeuge gab es in den Gemeinden selten. So konnte der „Zollstock“ nach Lauffen oder der „Klingenberger Buckel“ in den frühen Morgenstunden oder spät abends für Autofahrer ein Problem werden. Ein weiteres Problem hatte mancher Besitzer eines VW-Käfers, wenn er keine Garage besaß. Dann war im Winter die Scheibe dick gefroren und man musste erst ein „Guckloch“ freikratzen, um durch die Frontscheibe auf die Straße sehen zu können. Das Auto hatte keine Wasser-, sondern eine Luftkühlung. Dadurch dauerte es ziemlich lange, bis die Innenlüftung genügend Wärme produzierte um die Scheibe eisfrei zu machen. Saßen mehrere Personen im Auto, fror die Scheibe auch noch innen an durch die Atemluft der Mitfahrer. Enteiserspray gab es zu dieser Zeit noch nicht, das wäre sicher auch bei manch zugefrorenem Türschloss hilfreich gewesen! Solange die Schneemassen nicht extrem waren, tat ein bisschen Schneeräumen dem Kreislauf gut und die Kinder hatten ihren Spaß beim Schneemannbauen und Schlittenfahren. Die Jahreszeiten bringen Abwechslung in den Jahreslauf und in das Leben, schauen wir auf ihre schönen Seiten und genießen diese!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Besonders stimmungsvoll war die Weihnachtszeit, wenn Schnee lag und es „weiße Weihnachten“ gab. In den Tagen vor dem 24. Dezember wurden dann die Schachteln mit dem Christbaumschmuck und der Ständer für den Weihnachtsbaum herbeigeschafft. Am Heiligen Abend ging es oft geheimnisvoll zu, die Kinder durften das Zimmer mit dem geschmückten Christbaum erst am Abend betreten. Vater und Mutter waren im Stress, vor allem wenn sie an diesem Tag noch arbeiten mussten, sei es im Stall oder als Arbeiter in Handel oder Gewerbe. Am Abend des 24. Dezembers war dann in der Kirche großer Weihnachtsgottesdienst zusammen mit der Kinderkirche. Da gab es für jedes Kind eine Tüte mit Walnüssen, Pfeffernüssen und Mandarinen und ein kleines Geschenk, z.B. einen Teller oder eine Tasse. Anschließend konnte nun auch zu Hause das Weihnachtsfest beginnen.                                                         Ulrich Berger

 

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