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Mitteilungsblatt Nordheim

Neues aus Nordheim und Nordhausen (Archiv)

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Geschichte des Monats Juli

Erfasst von: Redaktion, DS | 18.07.2019 – 01.08.2019

Spuren der Entwicklung unseres Dorfes Teil 3:

Württemberg als Ortsherr, auswärtige Hofgüter (Eigentümer) und Abgaben

Spätestens um 1380 war Württemberg alleiniger Ortsherr über das Dorf Nordheim, das zum altwürttembergischen Amt Brackenheim gehörte. Im Lagerbuch von 1721 wird die Ortsherrschaft so formuliert: Der duchleuchtigste Fürst und Herr, Eberhardt Ludwig Herttzog zu Württemberg und Teck, Graff zu Mömpelgardt, Herr zu Heydenheim &c. dero Römisch Kayserlichen Majestæt und des Heyl: Römi: Reichs, wie auch eines Löb: Schwäbischen Crayßes General Feldt Marechall und Obrister über zwey Regimenter zu Roß, und Fuß &c., mein gnädigster Fürst und Herr &c. ist rechter, einiger, aigenthums, und regierender Herr zu Northeim im Dorff, Ihro Hochfrstl. Durchleucht geben auch daselbsten, und sofern und weit des Fleckens Marckung Zehende, Zwing und Bänn gehen, allein den Staab, auch das Gelait, und alle Oberherrlichkeit, und Gerechtigkeit, hohe, und niedere Gericht, Gebott, Verbott, Frevel, Straffen, und Bußen, und sonsten neimanden anders...

 

In den alten Lagerbüchern sind die Besitzverhältnisse sowie die entsprechenden Abgabeverpflichtungen genau festgehalten. Die seit Beginn des 15. Jahrhunderts erhaltenen schriftlichen Quellen geben Hinweise auf das Dorf und seine Einwohner und auf deren sozialen, wirtschaftlichen und grundherrschaftlichen Verhältnisse. Auffallend ist hierbei die ungewöhnlich große Zahl der auswärtigen Grundherrschaften und Eigentümer, die allesamt mit den verschiedensten Abgaben (Bede, Gült, Zehnt) bedient werden mussten. So gab es z.B. noch 1740 in Nordheim 22 erblehnbare Hofgüter, die jeweils an verschiedene Nordheimer Bauern aufgeteilt und verliehen waren, die allesamt abgabepflichtig waren. In dieser Situation ist der Grund zu sehen, dass die Vermögensverhältnisse in früheren Jahrhunderten in Nordheim sehr bescheiden waren. Die Anteile an einem Erblehen konnten vererbt oder auch geteilt werden, wodurch die Anzahl der Teilhaber an manchen Hofgütern im Laufe der Zeit immer zahlreicher und die Flächen immer mehr aufgesplittert wurden. Insgesamt hatten diese Hofgüter einen Anteil von etwa 60% an der Nordheimer Markung.

Größter Grundbesitzer auf Nordheimer Markung war das Klarakloster Heilbronn, das allein 5 Erblehenhöfe besaß mit einer Gesamtfläche von ca. 357 Morgen (etwa 112 ha). Zu diesen „Nonnenhöfe“ genannten fünf Höfen gehörten allerdings keine Gebäude, sondern nur Grundstücke. Der Zweite Nonnenhof, auch Barfüßer-Lehen genannt, bestand aus 111 M(orgen) Äcker, 2 M Weinberge, 8 M Wiesen und 4 M Wald und war der größte dieser 5 Höfe. Er war an Balthas Emert (=Träger des Lehens) und Consorten, d.h. an insgesamt 19 Teilhaber, verliehen. Darunter sind viele heute noch bekannte Namen vertreten wie z.B. Plieninger, von Olnhausen, Schwab, Zeller, Widenmeyer, Bechtolph. Viele Bauern waren an mehreren dieser Hofgüter beteiligt, denn wegen der Dreifelderwirtschaft war es wichtig, Grundstücke in jeder der 3 Zelgen zu bewirtschaften.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch das Kloster Schöntal besaß einen stattlichen Hof, von dessen Fläche nach 1700 ein Drittel auf Nordhausener Markung lag. .Zu diesem Hof gehörte das „Schöntaler Hofhaus“. Es könnte sich dabei um die sogenannten „Kaserne“ oder einem Vorgängerobjekt davon gehandelt haben.

 

 

Weitere Lehenshöfe besaßen die Pfarrei Heilbronn (2 Höfe), dann die Präsenz Heilbronn (Vereinigung von Geistlichen), das Spital Weinsberg sowie das Spital Heilbronn. Das Neipperger Lehen war mit 208 Morgen recht groß, es wurde „Großer Bauhof“ genannt und war an insgesamt 30 Lehensnehmer verliehen. Zu diesem Hof gehörte das „Neipperger Hofhaus“, ein Haus mit Scheune, das aber bereits 1718 nicht mehr existierte. Dieses Anwesen lag etwa zwischen dem Zufahrtsweg zum heutigen Sitzungssaal und dem Anwesen Hieber/Brenner an der Hauptstraße. Weitere Höfe besaßen die Pfarrei Klingenberg, das Kloster Lauffen („St. Rensinslehen“, gemeint ist „Regiswindislehen“) und noch einige andere Besitzer.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die „Gültabgabe“ war eine Art Grundsteuer, die der Lehensinhaber jährlich zu leisten hatte. Sie war unabhängig vom Ertrag. Daneben musste noch der Große Zehnt und der Kleine Zehnt als ertragsabhängige Abgabe an die Grundherrschaft gegeben werden. Der Große Fruchtzehnt war eine Naturalabgabe auf Roggen, Dinkel, Hafer, Gerste, Weizen, Emmer und anderem Korn, „das der Halm trägt“. Jede zehnte Garbe wurde dabei auf Kosten der Grundherren von einem Zehntknecht auf dem Feld eingesammelt. Ursprünglich war der Zehnt eine Abgabe zum Unterhalt der Kirche, was sich aber im Laufe der Zeit gewandelt hat. Die Rechte am Zehnt waren handelbar, sie wurden in Drittel oder Sechstel usw. geteilt und gerieten so durch Verkauf auch an Laien und weltliche Grundherrschaften. Der Kleine Zehnt wurde von Gartengewächsen wie Erbsen, Wicken, Linsen, Bohnen, Birnen, Zwetschgen, Nüssen, Flachs usw. gereicht. Der Weinzehnt wurde entweder bereits im Weinberg eingesammelt, spätestens aber in der Kelter. Diese Zehnt- und Abgabeverpflichtungen wurden erst im 19. Jahrhundert (1846-1850) gegen entsprechende Ablösungszahlungen der Gemeinde abgelöst, bis dahin waren sie eine große Belastung für die Menschen in Nordheim.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Besonderheit war der zur Ausstattung der Pfarrei Nordheim gehörende „Widumhof“ (Widem, Wittum), zu dem das „Worms’sche Hofhaus“ (Verwalterhaus) westlich des Alten Rathauses gehörte. Unter der Oberlehenschaft des Bistums Worms wurde der Nordheimer Widumhof an verschiedene Lehensherren und Niederadlige verliehen, welche die Hofgüter als Erblehen an Nordheimer Bauern zur Bewirtschaftung weiterverliehen. Auf dem Widumhof lag über Jahrhunderte die Pflicht zur „Faselviehhaltung“ („Faselvieh“ ist eine alte Bezeichnung für männliche Zuchttiere) für die Nordheimer Landwirte.

Zum Widumhof gehörten insgesamt 216 Morgen (ca. 68 ha) Äcker, Wiesen und Weinberge, die insgesamt in einen Eindrittelhof und einen Zweidrittelhof aufgeteilt waren. Der Zweidrittelhof bestand 1740 aus 136 M Äcker, 6 M Wiesen und 2 M Weinberge, die von 21 Anteilhabenden bewirtschaftet wurden. Mit den meisten Widumhofinhabern gab es Ärger und Probleme wegen der Vatertierhaltung. Als im Frühjahr 1846 Wilhelm Seybold diesen Widumhof bei einer Versteigerung erwarb, dachte man, nun sei dieses Problem erledigt. Doch auch mit dem neuen Besitzer kam es zum Streit, vor allem wegen dem Zusatz im Kaufvertrag, „dass der Käufer gebunden ist, nicht nur zwey Farren und einen Eber, welche wirklich nöthig sind zu halten, dass er auch verpflichtet ist, mehr Farren und Eber, wenn solche nöthig wären, zu halten, ohne dafür eine Entschädigung ansprechen zu können.“ Nachdem Seybold sich weigerte und nach dem von der Gemeinde gesetzten Termin keinen weiteren Farren, der dringend benötigt wurde, kaufte, kam es 1852 zur gerichtlichen Auseinandersetzung. Ein Ende nahmen diese Streitereien erst 1857, als die Gemeinde mit Seybold eine Ablösungsvereinbarung traf und die Last der Vatertierhaltung übernommen hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein „Überbleibsel“ des Widumhofes war das sogen. „Verwalterhaus“ westlich des alten Rathauses, heute Parkplatz. Dieses „Worms’sche Hofhaus“, das 1811 nach dem Ortsbrand vom hessischen Großherzog an den Brandgeschädigten Johannes Zeller verkauft wurde, verkaufte dieser es 1833 an seinen Schwiegersohn Ludwig Rieß. 1847 kaufte Wilhelm Seybold, der Urgroßvater von Kurt von Marval, dieses Haus. Damit besaß Seybold ein separates Wohnhaus für den künftigen Gutsverwalter („Verwalterhaus“). Er erweitert 1847 die Scheune und baut Schweineställe an. Dazu kam 1856 der Bau eines Anstoßes mit Futterstall und Wagenhütte (heute Backhaus). Das „Verwalterhaus“ war von 1937 bis 1964 an den Landwirt August Adelhelm verpachtet, der auch einen erheblichen Teil der Grundstücke des Hofgutes gepachtet hatte (Familie Adelhelm baute danach einen Aussiedlerhof im „Denzler“).

                                                                                                                                  Ulrich Berger

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