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Mitteilungsblatt Nordheim

Neues aus Nordheim und Nordhausen (Archiv)

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Geschicht des Monats März

Erfasst von: Redaktion, WZ | 26.02.2019 – 30.03.2019

 

Spuren aus der Entwicklungsgeschichte unseres Dorfes Teil 1:

Siedlungsgeschichte, erste schriftliche Erwähnung, Ortsadel

 

Die Frage, wie alt Nordheim ist oder seit wann Menschen hier leben, lässt sich nicht beantworten. Sicher aber ist, dass schon in der Jungsteinzeit, also vor rund 5000 Jahren, Menschen auf unserer Markung wohnten und lebten. Danach sind weitere Kulturen und Epochen bei uns nachgewiesen, z.B. durch Funde aus der Bronzezeit und der Eisenzeit. Aber auch Kelten, Römer, Alemannen und Franken ließen sich auf der heutigen Markung von Nordheim nieder. Ob hier ständig und durchgehend Menschen lebten, kann man nicht mehr feststellen. Diese frühen Siedlungen bestanden aus wenigen einfachen Hütten aus Pfosten, Weidengeflecht und Lehm.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

 

Die Hütten hatten keine lange Lebensdauer und der Siedlungsplatz der Menschen wechselte immer wieder. Deshalb finden wir ihre Siedlungsspuren auf unserer ganzen Markung verstreut. Der fruchtbare und leicht zu bearbeitende Lößboden, dazu zahlreiche Quellen sowie fließende Gewässer (Katzentalbach, Breibach) waren von alters her begehrtes Siedlungsland.

 

Erst in der Zeit der Franken erhält der Wohnplatz auf unserer Markung einen Namen: „Nordheim“. Bei vielen Dörfern in unserer Umgebung steht die erste schriftliche Erwähnung im Zusammenhang mit Schenkungen an das 764 gegründete Kloster Lorsch an der hessischen Bergstraße. An dieses Kloster gingen zahlreiche Schenkungen (insgesamt mehr als 3800), die im Lorscher Codex (Codex Laureshamensis), einem Güterverzeichnis, aufgeschrieben sind: 766 Schwaigern und Großgartach, 767 Schluchtern, Böckingen, Frankenbach und Biberach; 788 Meimsheim; 793 Botenheim; 1246 Brackenheim. Die erste schriftliche Erwähnung unseres Nordheims steht ebenfalls im Zusammenhang mit einer Schenkung, aber nicht an das Kloster Lorsch wie bei vielen unserer Nachbarortschaften. Der Name Nordheim erscheint in der schriftlichen Überlieferung erstmals im ersten Viertel des 9. Jahrhunderts im Rahmen einer Schenkung eines Adalbold an den heiligen Cyriakus in der Dionysiuskirche bei Worms (Stift Neuhausen).

Der Stifter Adalbold, ein adliger fränkischer Grundherr, lebte zurzeit der Kaiser Karl des Großen und Ludwig des Frommen wohl im Dorf Böllingen (heute Böllinger Höfe bei Heilbronn), wo die Handlung der Schenkung durch Beurkundung öffentlich vollzogen wurde. Adalbold ist der erste namentlich bekannte Ortsherr, der nicht nur in Nordheim, sondern im Bereich von Schefflenz bis zum Zabergäu über Besitzungen verfügte und dessen Hauptsitz vermutlich Böllingen war, da hier die Urkunde aus der Zeit um 823 ausgestellt wurde. Adalbold zählte zum fränkischen Adel, der seit dem 8. Jahrhundert eine Vielzahl von Gütern an kirchliche Institutionen, insbesondere an die Klöster Lorsch und Fulda, als Schenkung übergab. Adalbold stiftete eine nicht genannte Anzahl seiner herrschaftlichen Hofstätten bzw. Fron- oder Herrenhöfe (mansos indominicatos) im Dorf (villa) Nordheim, das im damaligen Gartachgau gelegen war. Als Zubehör der Höfe werden Häuser, Wirtschaftsgebäude, Wälder, Wiesen, Weiden, Gewässer und Mühlen genannt. Weinberge fehlen in dieser Auflistung. [Weinberge in Nordheim werden 1295 (1284?) zum ersten Mal erwähnt]. Der auf Nordheim bezogene Text der lateinisch geschriebenen Urkunde lautet übersetzt:

Im Dorf Nordheim gebe und übergebe ich Herrenhöfe mit Häusern, Gebäuden, Wäldern, Wiesen, Weiden, Gewässern und Wasserflüssen, Mühlen, beweglicher und unbeweglicher Habe, gebaut oder ungebaut, alles und ungeteilt zum Heil meiner Seele der Reliquie des Heiligen Cyriacus, des Streiters für Christus“…

 

Aus diesem Urkundentext geht hervor, dass das Dorf Nordheim um das Jahr 820 mit Häusern, Wirtschaftsgebäuden („Höfen“) und Mühlen bereits bestand. Seit wann, in welcher Größe und Gestalt, lässt sich nicht mehr feststellen. Über die Gründung von Nordheim liegen anlässlich der ersten urkundlichen Nennung keine Hinweise vor, doch vermittelt der Ortsname Anhaltspunkte.

Bei alten „heim“-Orten handelt es sich vorwiegend um fränkische Gründungen der Merowingerzeit im 6./7. Jahrhundert. Da der Ortsname auch mit einer Richtungsangabe verbunden ist, dürfte Nordheim aber nicht zur ältesten Schicht dieser „-heim“-Orte gehören, sondern erst in einer Ausbauphase entstanden sein, vermutlich im 8. Jahrhundert. Mittelpunkte, um die herum Orte mit Richtungsangaben entstanden, waren größere fränkische Königshöfe. Solche Königshöfe gab es in Heilbronn, Ilsfeld und Lauffen (741 bezeugt). Auenstein (ein altes Ostheim) und Neckarwestheim (bis 1884 Kaltenwesten) stehen dabei in Verbindung zum Ilsfelder Königshof, Sontheim als altes Südheim in Verbindung zu Heilbronn, und Nordheim dürfte von Lauffen aus angelegt worden sein. Nachdem Nordheim durch die Stiftung Adalbolds an das Bistum Worms gelangt war, wurde die Bindung an Lauffen vermutlich gelöst. Diese Schenkung des Adalbolds um 823 legte den Grundstein für eine jahrhundertelange Beziehung zwischen dem Bistum Worms und Nordheim. Bis zur Ablösung der Zehntrechte Mitte des 19. Jahrhunderts besaß das Bistum viele Grundstücke in Nordheim, Anteile am Zehnten und das Patronatsrecht der Kirche (Ernennung des Pfarrers, aber auch Pflicht zum Bau und Erhalt von Kirche und Pfarrhaus).

 

Doch welche Spuren von Menschen auf unserer Markung gibt es noch aus der Zeit vor der von den Königshöfen ausgehenden Ausbauzeit? Das archäologische Quellenmaterial aus der Zeit vom 5. bis zum 8. Jahrhundert besteht meist aus Schmuck- und Waffenbeigaben aus Gräbern. Die Friedhöfe wurden in dieser Zeit am Rande der Siedlungen angelegt, die Gräber waren in Ost-Westrichtung ausgerichtet und in nebeneinanderliegenden Reihen angelegt. Solche Reihengräberfelder wurden z.B. in Lauffen, Großgartach und Schwaigern gefunden. Ein solches frühmittelalterliches Gräberfeld wurde in Nordheim in den siebziger Jahren von Hermann Kunz und Gustav Scholl bei Baumaßnahmen im Geissbühl entdeckt. Leider gibt es weder Fotos noch Skizzen, es existieren lediglich einige sehr interessante Fundstücke. Aus einem Frauengrab stammen eine Kette aus ca. 60 Glasperlen, ein Paar Bronzeohrringe und eine verzierte Bronzenadel. Im Heilbronner Museum werden als weitere Grabfunde aus Nordheim eine eiserne Lanzenspitze, eine Eisentrense vom

Bunte Glasperlenkette aus einem

fränkischen Grab im Geissbühl

 

Pferdegeschirr, eine eiserne Riemenzunge, ein geschnitzter Knochenkamm, Teile weiterer Perlenketten sowie ein Geweihstück aufbewahrt. Die Archäologin Dr. Andrea Neth schreibt dazu im Heimatbuch: Es ist sehr bedauerlich, daß im Baugebiet „Geissbühl“ ein wichtiger Fundplatz zur frühen Nordheimer Ortsgeschichte weitgehend undokumentiert zerstört wurde.

 

Ob es sich bei der hier vorkommenden Bezeichnung „Klimmerdingen“ um eine alemannische Vorgängersiedlung handelt, kann weder durch schriftliche Zeugnisse noch durch archäologische Funde belegt werden. Die Wortendung –ingen ist allerdings ein Hinweis in diese Richtung.

Über das Aussehen der Ansiedlung Nordheim zur Zeit seiner ersten urkundlichen Erwähnung im Jahre 823 im 9. Jahrhundert haben wir keine Informationen. Da der Kern der Ansiedlung bis heute ortsfest blieb, liegen die Spuren der Vergangenheit, soweit sie nicht durch Kellerbauten zerstört sind, unter der heutigen Bausubstanz verborgen.

 

Ortsadel: Im 13. Jahrhundert finden sich dann mehrmals Hinweise auf einen Nordheimer Ortsadel. 1263 erscheint Conrad von Nordheim als Zeuge anlässlich des Verkaufs von Dorf Neusatz bei Pforzheim, 1267 wird Emehard von Nordheim als Zeuge Konrad von Magenheim erwähnt. Weitere Hinweise auf Angehörige des Nordheimer Ortsadels finden sich in den Jahren 1284 bis 1289, mehrmals im Zusammenhang mit Kloster Maulbronn, das Besitz auf Nordheimer Markung hatte. In einer Urkunde um 1288 erscheint bei Dieter oder Dietrich von Nordheim erstmals das Wappen der Herren von Nordheim, zwei rechte Schrägbalken. Hinweise auf den hiesigen Ortsadel finden sich bis ins 15. Jahrhundert. Die Mitglieder dieser Sippe werden in den Urkunden Ritter, Knappen oder Edelknechte genannt. Sie zählen nicht zu den ranghöheren Adelsfamilien, die später als Grafen oder Freiherren auftreten. Wo der Stammsitz des Nordheimer Ortsadels war, lässt sich nicht mehr feststellen. Die Bezeichnung „von Nordheim“ besagt aber, dass diese Familie aus Nordheim stammte und hier einen festen Sitz hatte. Die überlieferten Nennungen dieser Herren ab Mitte des 13. Jahrhunderts deuten aber darauf hin, dass sie sich außerhalb von Nordheim niedergelassen hatten, v.a. im Umkreis von Maulbronn, Gochsheim und Pforzheim.

 

Abgegangene Siedlung Schecherhausen: Im 14. Jahrhundert wird der Flurname Scheherhusen, am Schecherhauser Berg (1307, 1331) überliefert. Im Rentenverzeichnis des Wimpfener Ritterstifts findet sich dazu ein weiterer Hinweis aus der Zeit um 1330, dass eine Elisabeth von Hawenstein (Hohenstein bei Bönnigheim) Weinberge auf Markung Nordheim in einem Schecherhausen

 

     
 

„Schecherhausen“, Primärkarte 1835

 
 Aus dem Katasterbuch von 1718

 

genannten Ort („in loco qui dicitur Schecherhusen“) schenkte. Im Heilbronner Urkundenbuch werden 1422 Weinberge am „Grevenberg zu Schächerhausen“ erwähnt. Flurnamen mit der Endung

„-hausen“ deuten auf fränkische Siedlungen hin. Man geht deshalb davon aus, dass dieses „Schecherhausen“ am alten Verbindungsweg zwischen Nordheim und Schwaigern eine ehemalige Siedlung war, die noch im Laufe des Mittelalters verschwunden ist und die zu den zahlreichen Ortswüstungen im Raum Heilbronn zählt. Solche abgegangenen Orte in unserer Umgebung waren u.a. Dielingen (Schwaigern), Hetensbach (Böckingen), Balzhof (Cleebronn) oder Jungsheim, Hohfeld, Osterhofen (alle Lauffen).

                                                                                                                                 Ulrich Berger

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